Die Geschichte der Einwohner Brodhagens in ihrem Arbeits- und Wohnumfeld

Die Zuordnung der Hufen und Büdnereien in die heutige Örtlichkeit gestaltet sich schwierig. Die Gebäude der ehemaligen Hufen sind alle abgerissen. Landwirtschaftsbetriebe gibt es in Brodhagen derzeit keine, der Acker wird von auswärtigen Betrieben als Pachtland bewirtschaftet. Geschuldet ist diese Entwicklung sicher auch den kargen Sandböden der Brodhäger Flur. Diese haben die Bauern des Ortes nie außergewöhnlich Wohlhabend werden lassen.

Die Klagen der Brodhäger Bauern über schlechte Erträge ziehen sich durch die Akten aller Epochen. Daher ist die gegenwärtige Nutzung des Ortes als fast reines Wohngebiet in reizvoller Landschaft unweit der Hansestadt Rostock und den Urlauberzentren an der Ostsee vielleicht sogar die ptimalste Lösung.
Trotzdem wollen wir versuchen, die durchaus interessante Geschichte Brodhagens, die bis zum Untergang der DDR eng mit der Landwirtschaft verknüpft war, darzustellen.

Brodhagen ist ein typisches "hagen"-Dorf im Gebiet des ehemaligen Zisterzienserklosters Doberan. Dem Aufruf der Kirche zur Kolonialisierung des wendischen Ostens im 13. Jahrhundert folgten auch die Gründungsväter Brodhagens. Wir wissen zwar nicht, wann der Erste Spatenstich für Brodhagen vollzogen wurde, aber die erste, bekannte, urkundliche Erwähnung ist von 1311. In dieser wurde dem Doberaner Kloster, durch den weltlichen Herrscher, Fürst Johann vo Werle, die Grundrechte an Brodhagen bestätigt und das Dorf unter seinem Schutz gestellt. Dies bedeutet aber auch, dass es am Tag der Unterzeichnung der Urkunde bereits ein etabliertes Dorf gab. In Ermangelung besserer Daten gilt heute 1311 als Gründungsjahr.

Für Brodhagen dürfen wir annehmen, dass den angekommenen Siedlern ein oder mehrere Mönche oder Konversen zur Seite gestellt wurden. Die Siedler waren in der Regel nachgeborene Bauernsöhne, mit ihren Familien, aus dem Umland von Amelungsborn, südlich von Hannover, dem Mutterkloster der Doberaner Zisterzienser. Durch die Klosterverwaltung bekamen sie das brachliegende, aber landwirtschaftlich nutzbare Land zugewiesen, das wir heute als Dorfgebiet Brodhagen kennen.

Anschließend begann ein standardisierter Ablauf beim Aufbau von Brodhagen. Gemeinsam mit Mönchen und Konversen wurde Acker urbar gemacht und bestellt. Die Klosterbrüder bauten den Gutshof auf, die Siedler die drei Hufen Brodhagens. Die Klosterbrüder konnten dabei, als Vertreter der Grundherrschaft, die Hilfe der Siedler in Anspruch nehmen und somit einen deutlich größeren Hof bewirtschaften. In der Aufbauphase wurden die Siedler durch das Kloster mit allem notwendigen versorgt, was zusätzliche Abhängigkeiten erzeugte. Wer in diesem System Ähnlichkeiten zu dem entdeckt, was heute Franchising genannt wird, liegt vielleicht gar nicht verkehrt.

Grundsätzlich waren auch die Bauern der alten slawischen Siedlungen, wie Reddelich, den Grangien, wie die Hausgüter der Klöster genannt wurden, dienstverpflichtet. Hof Brodhagen war ein kleines Gut, das noch dazu nahe beim Kloster lag. Hof und Dorf Brodhagen hatte, nach Interpretation alter Karten, keine Direktverbindung zu seinen Nachbardörfern. Daher können wir wohl von einem Diensteverhältnis innerhalb von Brodhagen ausgehen.

Abgesehen von einem Raubüberfall 1312 von Rostocker Truppen ist in Brodhagen bis zur Reformation nichts passiert, was es Wert gewesen wäre, für die Nachwelt – also für uns – aufgeschrieben zu werden. Mit seinen kargen Sandböden haben die Brodhäger nie Reichtümer erwirtschaftet, die Begehrlichkeiten wecken könnten. Im Grund war das eine Situation, von der gegenwärtig Legionen von Menschen träumen: Einfach nur in Ruhe und Frieden leben, nachhaltig und naturnah wirtschaften sowie weit genug weg von den Turbulenzen der Weltläuften zu sein. Die sozialen Unterschiede in der Dorfgemeinschaft waren gering genug, um keine übermäßigen Spannungen zu erzeugen.

Mit der Reformation 1552 wurden auch in Brodhagen Veränderungen spürbar. Der Wechsel der Grundherrschaft von den Zisterziensermönchen zum Schweriner Herzoghaus brachte sicherlich keine schlagartigen Veränderungen im Leben der Brodhäger. Aus dieser Zeit sind keine Aufzeichnungen bekannt. Hätte die herzogliche Verwaltung Hof Brodhagen schon damals extern verpachtet, gäbe es mit großer Wahrscheinlichkeit Aufzeichnungen dazu. So aber können wir getrost von einer Bewirtschaftung als Außenstelle des Doberaner Kammerhofes ausgehen. Die drei Hüfner werden nach wie vor ihre Naturalabgaben und Frondienste auf dem Gut geleistet haben.

Bewegung in den dörflichen Alltag von Brodhagen dürfte 1611, mit der Entdeckung abbauwürdiger Kalkvorkommen gekommen sein.

Artikel aktualisiert am 28.01.2024