Von Reinhold Griese (Recherche), Ulf Lübs (Text, Layout).
Historisch gesehen war die Gründung von Büdnereien eine Übergangslösung mit großen Startproblemen. Die erste Büdnereiansetzung in Mecklenburg von 1753 erwies sich als Flop. Leibeigenschaft und verantwortungsvolles Wirtschaften passten einfach nicht zusammen. Büdner oder Colonisten, wie diese auch genannt wurden, erhielten Land, Vieh und Saatgetreide von den Grundherren in Erbpacht. Die Pachtdauer von zwanzig Jahren verschaffte den Büdnern durchaus eigentumsähnliche Besitzverhältnisse. Zentrales Charakteristikum des Büdners war das Gebäudeeigentum. Verständlich, dass diese Konstellation wenig Anklang fand.
Die Büdnereien in Mecklenburg
Mit der zweiten Büdnereiansetzung, zu Anfang des 19. Jahrhunderts, gingen auch Zugeständnisse und Erleichterungen einher. Diese führte dann auch in Reddelich zur Bildung von Büdnereien. So wurde 1820 die Kommunalweide im Dorf aufgehoben und zusätzliche Ackerflächen konnten kostenfrei durch Büdner gepachtet werden. Auch die Aufhebung des Verbots von Pferdehaltung für Büdner im Jahr 1825 war ein Zugeständnis.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging der Herzog dazu über, den Büdnern das geliehene Land, Vieh und Saatgetreide als Eigentum zu überlassen. Zur Kompensation wurden Grundbücher angelegt und dort der taxierte Wert der Überlassungen als Grundschuld (Kanon) eingetragen. Auf diese mussten die Büdner Zinsen zahlen.
Der Büdner war, volkstümlich ausgedrückt: nicht Fisch noch Fleisch. Einerseits war der Büdner Landwirt, was aber bei einer Durchschnittsgröße der Büdnereien im Domanium von zwei bis vier Hektar oft nur zum puren Überleben reichte. Anderseits war er auch Lohnarbeiter, Handwerker oder kleiner Beamter, was für sich alleine auch nicht zu Wohlstand führte. In anderen Ländern Deutschlands führte eine deutlich besser prosperierende Wirtschaft dazu, das ein Teil der Büdner ihre landwirtschaftlichen Aktivitäten reduzierte oder ganz einstellte, weil Lohnarbeit mittlerweile lukrativer wurde. Andere Büdner mauserten sich zu Vollerwerbsbauern, indem sie die freigewordenen Flächen zupachteten oder kauften. Diese Entwicklung fand in Mecklenburg nur recht zögerlich statt.
Im Zuge der beginnenden Vererbpachtung der Bauernhufen im Domanium, war der Herzog auch bereit, die Eigentumsrechte am Land der Büdnereien aufzugeben. Nach 1867 konnten Büdner in Mecklenburg Land käuflich erwerben.
Der allgemeine wirtschaftliche Aufschwung Deutschlands Ende des 19. Jahrhunderts bot auch vielen, sogenannten kleinen Leuten die Chance bescheidene Vermögen zu bilden. Die meisten Büdner nutzten den Wirtschaftsaufschwung nach 1871 und zahlten dem Herzog seinen Kanon, also die Grundschuld für Land und Hofwehr, aus. Damit wurden sie zu Volleigentümern der Büdnereien. Das eröffnete ehemaligen Knechten auf den Gütern oder Bauernhöfen, aber auch vielen nachgeborenen Bauernsöhnen die Möglichkeit, eine eigene Landwirtschaft aufzubauen. Dafür waren Büdnereien ein guter Einstieg. Die Rolle der Büdnereien als wirtschaftlich unvollkommene Einheit sorgte aber auch für einen relativ häufigen Wechsel der Eigentümer. Viele sahen eine Büdnerei als Sprungbrett für eine bessere wirtschaftliche Entwicklung der Familie. Die beabsichtigte Bindung an die Scholle war in der Praxis oft doch nicht so stark, wie vom Herzog erhofft.
Eine Zäsur in der Geschichte der Mecklenburger Büdnereien war der staatliche Druck in den 1950er Jahren zum Eintritt in eine LPG, dem gerade Vollblutbauern unter den Büdnern nur sehr widerwillig nachgaben. Mit der wirtschaftlichen Trennung von Land und Hof war der Büdnereicharakter ersteinmal unterbrochen. Der positive Aspekt dieser Entwicklung war eine langfristige Konservierung des Grundbesitzes. Mit Eintritt in die LPG konnten die Büdner zwar nicht mehr frei über ihr Land verfügen, behielten aber ihre Eigentumsrechte daran. Mit den Gesetzesänderungen im Zuge des Beitritts der DDR zur BRD im Jahr 1990 bekamen die Eigentümer die volle Verfügungsgewalt über ihr Land zurück. Die Wenigen, die sich für eine Bewirtschaftung mit Büdnereicharakter entschieden, werden heute als Nebenerwerbslandwirte bezeichnet.
Die Büdnereien in Reddelich
In Reddelich gab es ab 1817 die ersten Büdner. Diese wurden aus ehemaligen Cossatenwirtschaften heraus gebildet. Die Reddelicher Büdnereien № 1 bis 15 wurden ab 1817 im Zuge einer Neuregulierung der Feldmark gegründet. Potenzielles Ackerland dürfte zu dieser Zeit reichlich vorhanden gewesen sein, so dass die bestehenden Hufen noch nicht übermäßig beschnitten wurden.
Die Büdnereien № 10 bis 13 wurden an der Gemeindegrenze zu Glashagen errichtet. Ursächlich für diesen Standort dürfte das Vorhandensein von Acker gewesen sein, der keiner Hufe zugeordnet war. Zur Gründung von Reddelich-Ausbau kam es jedoch nicht. Der Herzog schlug diese Büdnereien dem Dorf Glashagen zu.
Die Reddelicher Schule wird zwar in den Akten nicht als Büdnerei geführt, war aber im Grunde eine solche. Der Unterschied war, dass der jeweilige Schulmeister keine Eigentumsrechte an dem Haus hatte. Er musste sich und seine Familie aber weitestgehend selbst versorgen.
Die Einrichtung der Reddelicher Büdnereien № 14 bis 27 erfolgte nicht nach einem zentralen Masterplan, sondern eher sporadisch nach Bedarf. Das Amt Doberan hatte 1846 verfügt, dass dem Tischler Johann Bull und Andreas Waack, Sohn des Hauswirtes Johannes Waack (Hufe I) und Hausknecht im Logierhaus in Doberan, Büdnereien angeboten werden sollten. 1847 bekam Andreas Waack die Büdnerei № 14 und der Tischler Johann Bull die Büdnerei № 15. Die Büdnereien № 16 und 17 wurden auf den ehemaligen Hofstellen von Hufen errichtet, nachdem die Bauern ihren Hof in die Feldmark verlegt hatten. Die Büdnereien № 18 bis 27 sind 1907 durch Aufteilung der Ländereien der Hufe IX, die nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten aufgelöst wurde, gebildet worden. Die Gemeinnützige Mecklenburgische Ansiedlungsgesellschaft AG
teilte die Stelle auf und verkauft die einzelnen Parzellen in der Größe von vier bis sechs Hektar zum Aufbau der Büdnereien.