Seit 2016 arbeitete die Gemeindevertretung intensiv an Lösungen für die Perspektive der Kita in Reddelich. Am 11. Oktober 2017 stellte der damalige Bürgermeister, Ulf Lübs, die Situation, in einem Anschreiben an Frau Drese, damalige Sozialministerin von M-V, dar. Frau Drese war Landtagsabgeordnete für den Landtagswahlkreis Bad Doberan I, zu dem auch Reddelich gehörte. Am 6. Oktober 2017 übernahm Frau Drese die Schirmherrschaft über das Projekt Reddelicher OBSTARCHE. Frau Drese bot an, im Rahmen ihres Landtagsmandates, der Gemeinde bei der Lösung des Problems "Kita-Perspektive" zu unterstützen:
Verehrte Frau Drese,
Sie haben angeboten uns, im Rahmen ihres Landtagsmandates, zu helfen. In der Tat hat die Gemeinde Reddelich ein Problem den Kita-Standort Reddelich für die Zukunft zu erhalten. Unser Dilemma ist – in Kurzform – dass ein Neubau der Kita ökonomisch geboten ist, es für die sinnvollen Standorte (Gewerbegebiet oder Baugebiet "Seniorengerechtes Wohnen") keine Fördermittel gibt. Die interessierten Träger sehen sich aber außerstande, ohne Fördermittel zu bauen. Es würde mich freuen, wenn Sie uns Möglichkeiten zur Lösung des Problems aufzeigen können.Zum besseren Verständnis möchte ich die Sachlage nachfolgend ausführlicher darstellen:
Konsens in der Gemeinde besteht im politischen Willen, Reddelich als Kita-Standort fortzuführen. Dies wird auf absehbare Zeit am jetzigen Standort ökonomisch nicht mehr zu vertreten sein. Die baulichen Anlagen entsprechen nicht mehr den heutigen Anforderungen an Kitas.Historie
1973 richtete die Gemeinde einen Kindergarten, wie Kitas damals hießen, in der ehemaligen Häuslerei Nr. 5, in der heutigen Alten Dorfstraße, ein. Das Gebäude wurde 1859 als Wohnhaus errichtet und 1973 der Umnutzung baulich angepasst. Seitdem versuchte die Gemeinde, mit wenig Geld und viel ehrenamtlichem Engagement, die Bausubstanz zu erhalten und die Nutzungsanforderungen zu erfüllen.
Das Gebäude ist für max. 28 Betreuungsplätze ausgelegt und im Verlauf seiner Geschichte als Kita im Grunde immer ausgelastet gewesen. Die Einrichtung genoss seit jeher einen guten Ruf in der Region. Dies führte zu einer größeren Nachfrage, als Plätze vorhanden waren. Es mussten also, bis in die Gegenwart, Mütter abgewiesen werden.
Im Jahr 2000 sah sich die Gemeinde, aus haushaltstechnischen Gründen gezwungen, die Trägerschaft für die Kita abzugeben. Seitdem befindet sich die Kita in Trägerschaft der Volkssolidarität. Das Gebäude verblieb im Eigentum der Gemeinde, die dadurch Mieteinnahmen hatte – in eher symbolischer Höhe, angesichts der permanenten Reparaturen und Modernisierungen.
Planungsstand
Im Oktober 2015 befasste sich der Hauptausschuss der Gemeinde mit dem Thema. Im Ergebnis stand: Die Perspektive des Kita-Standortes läuft im Grunde auf zwei Optionen hinaus: weiter wursteln am jetzigen Standort oder neu bauen lassen. Es besteht zwar kein unmittelbarer Handlungsdruck. Es ist jedoch ratsam, nicht zu warten, bis dieser von außen vorgegeben wird. Die Option "weitermachen" führt mittelfristig in ein Desaster – finanziell und politisch. Klar ist aber auch, dass die Gemeinde ein Neubauprojekt nicht stemmen kann und will. Dazu bedarf es kompetente Partner und Investoren. Der Bürgermeister wurde beauftragt, Marktoptionen zu recherchieren und dem Hauptausschuss vorzutragen.
In Abstimmung mit dem Ordnungsamt des Amtes Bad Doberan-Land wurden Mitte 2016 Verhandlungen mit potenziellen Trägern aufgenommen. Die Eckdaten dafür waren:
- Der zukünftige Bedarf an Kita-Plätzen wird vom Ordnungsamt in Zusammenarbeit mit der Kita-Leitung auf fünfzig beziffert. Diese Schätzung wird vom Ordnungsamt noch mit konkreten Prognosen der Einwohnerstruktur im potentiellen Einzugsgebiet belegt.
- Die Gemeinde wird nicht als Bauherr einer neuen Kita agieren. Sie favorisiert die Variante, dass der künftige Träger auch selbst baut oder bauen lässt. Kompromisse bei der Grundstücksüberlassung sind Teil der Verhandlungen.
- Ein Neubau auf dem jetzigen Standort wurde verworfen. Hauptgrund ist der Zuschnitt des Grundstückes, der eine Weiterentwicklung des Standortes nicht zulässt. Auch ist dort ein Neubau parallel zum laufenden Betrieb der Einrichtung nicht möglich.
- Der optimale Standort ist derzeit das Grundstück in der Nord-West-Ecke des Gewerbegebietes. Die Gemeindeeigene Fläche dort ist von der Größe für eine Weiterentwicklung des Standortes geeignet. Ggf. können dort weitere Betreuungsleistungen angeboten werden. Das Grundstück grenzt an den Streuobstwiesenkomplex "Garten Eden", der 2015 angelegt wurde.
- Optional ist auch ein Grundstück im B-Plangebiet "Seniorengerechtes Wohnen" zwischen Gewerbegebiet und Ortslage Reddelich möglich. Das Baugebiet befindet sich derzeit in Planung.
Der jetzige Träger der Kita, die Volkssolidarität, beteiligt sich aktiv an der Weiterentwicklung des Projektes und hat Ende 2016 einen Kaufantrag für die Fläche im Gewerbegebiet gestellt -vorbehaltlich der Finanzierung des Projektes.
Anfang 2017 informierte das Jugendamt des Landkreises, dass dort eine Bedarfsanalyse für Kitas erstellt wird. Dazu fand am 11. April eine Zusammenkunft im Amt Bad Doberan-Land mit der Leitung des Referats Jugendhilfe des Landkreises, mit Vertretern der amtsangehörigen Gemeinden, den Trägern von Kitas, Hort und Schule sowie des Amtes statt. Dort wurde von der Kreisbehörde ein Mehrbedarf an Kitaplätzen für den Amtsbereich von etwa 120 Plätzen signalisiert. Die abschließende Positionierung des Landkreises dazu steht jedoch noch aus.
Offensichtlich gehen die Pläne unserer Gemeinde zur Erweiterung der Kapazität der Kita auf rund fünfzig Plätze mit den Planungen des Landkreises konform. Dies zumal Steffenshagen und Wittenbeck keine Kitas in deren Gemeinden planen.
Am 31. August 2017 fand im Amt [Bad Doberan-Land] eine Besprechung über Fördermittel für Gemeindeprojekte statt. Frau Wesselowski, Leiterin der Förderstelle beim Landkreis, machte gleich zu Beginn deutlich, dass Standorte in Gewerbegebieten genauso wenig gefördert werden, wie "frische" B-Plangebiete. Dies ist eine bundesweite Richtlinie, bei der Länder und Landkreise keinen Ermessensspielraum haben. Damit ist klargestellt, dass der geplante Kita-Umzug weder ins Gewerbegebiet noch in das geplante B-Plangebiet förderfähig ist. Die Volkssolidarität als Träger der jetzigen Kita sieht keine Möglichkeit, den Neubau einer Einrichtung ohne Fördermittel zu finanzieren.
Epilog
Die Gemeinde steckt nun in einer Zwickmühle. In der Vergangenheit ist die Gemeinde immer brav den Empfehlungen des Landkreises gefolgt und hat ihre Ressourcen verkauft, wo immer dies möglich war. Nun haben wir keine förderfähigen Standorte mehr. Dafür ernten wir in den Behörden des Landkreises Schulterzucken. Es fehlt nur noch der Spruch von dort: »Pech gehabt, ihr hättet ja nicht auf uns hören müssen. Euer Recht auf Selbstverwaltung steht schließlich am Anfang der Kommunalverfassung!«
Verehrte Frau Drese, meinen Sarkasmus am Ende der obigen Ausführungen sehen Sie mir bitte nach. Natürlich bin auch ich an einer sachlichen Lösung interessiert und möchte nicht "mit dem Kopf durch die Wand", wie der Volksmund so schön sagt. Es würde mich freuen, wenn Sie aus ihrer Tätigkeit heraus, Ratschläge für uns haben, wie Reddelich Kita-Standort bleiben kann.
Im Amt Bad Doberan-Land bearbeitet Herr Ziesig, Leiter des Ordnungsamtes, das Projekt "Kita-Erhaltung". Für weitere Informationen steht er Ihnen genauso zur Verfügung wie meine Wenigkeit. Ansprechpartner bei unserem derzeitigen Träger, Volkssolidarität Bad Doberan/Rostock-Land e.V., ist die Geschäftsführerin, Frau Bormann.
Mit besten Grüßen aus Reddelich
Ulf Lübs
Bürgermeister
