Erinnerungen des Zeitzeugen Willy Schultz

  • Geboren am 1. Oktober 1922 in Reddelich,
  • 1929 bis 1937 Schule in Reddelich, ein Jahr Lehrer Kreuzfeld, dann Lehrer Hans Mahn, danach Arbeit als Landarbeiter in Kühlungsbom und Reddelich,
  • Dezember 1942 eingezogen zur Wehrmacht, ab Mai 1943 Mittelabschnitt der Ostfront (Donezkbecken), mehrmals verwundet,
  • Anfang 1945 bei Küstrin an der Oder erneut verwundet, in amerikanische Gefangenschaft gekommen als Lazarettangehöriger in Bayern, Ende Juli 1945 wieder in Reddelich, danach bis 1949 Arbeit im Fuhrunternehmen Hans Reincke (Onkel von Emst Reincke) in Reddelich, Büdnerei № 8
  • 1949 bis 1.10.1987 Deutsche Reichsbahn, Gleisbauarbeiter, bis 1956 DR-Dienststelle Bad Doberan, anschließend Wismar,

So weit ich zurück denken kann, gab es die Freiwillige Feuerwehr in Reddelich, also mindestens seit 1927. Das Spritzenhaus befand sich ja fast gegenüber unserem Wohnhaus. Ich kann mich auch gut an die darin befindliche Handdruckspritze erinnern. Auf dem Pumpenkessel, der sich oben mitten auf dem Wagen befand, stand „Reddelich“ und darunter der Hersteller mit einer Jahreszahl, die mit 18 begann. Auf der pferdegezogenen Handdruckspritze konnten vier oder sechs Feuerwehrleute Platz haben. Zum Pumpen benötigte man auf jeder Seite vier Leute, also insgesamt acht Feuerwehrleute.

Neben der Handdruckspritze gab es dann noch bei der Reddelicher Feuerwehr zwei einachsige Wasserwagen mit eingehängten Wasserkesseln. In so einen Kessel passten nach meiner Schätzung gut 1.500 Liter Löschwasser.

Mein Vater war auch Mitglied der Feuerwehr. Zu seiner Ausrüstung gehörten ein Schöpfeimer und eine Armbinde mit einer Nummer darauf als Erkennungszeichen.

Wehrführer war bis kurz nach Kriegsende Heiner Dreyer, der Musiker. Danach war Hans Schumacher Wehrführer. Vor Heiner Dreyer war wohl der Reddelicher Bürgermeister Führer der Freiwilligen Feuerwehr, ich glaube der Bürgermeister Upplegger. Genau weiß ich das aber nicht.

Das erste Großfeuer in Reddelich, an das ich mich gut erinnern kann, war zwischen Weihnachten und Neujahr 1929, vielleicht auch in den ersten Januartagen 1930. Es ist aber auch möglich, dass der Brand ein Jahr später war. An dem betreffenden Tag fand eine Hasenjagd statt. Nach einem Streit wegen der Viehfütterung hatte ein Landarbeiter in der Nacht den Stall des Bauern Albert Schmidt angezündet. Mein 1909 geborener Bruder Franz, der damals in der Bäckerei Behrendt (ab 1931/32 Bäckerei Möller) arbeitete ist gleich mit einem Feuerlöscher Minimax aus der Bäckerei rüber gelaufen, um zu helfen. Unsere

Feuerwehr versuchte zu löschen. Die Doberaner Feuerwehr kam auch. Während die Pferde gerettet werden konnten, verbrannten im Stall 10 bis 15 Kühe. Der Brandstifter, der sich in einer Hecke zwischen den Grundstücken der Bauern Wilhelm Rowoldt und Baade versteckt hatte, wurde gleich festgenommen und später vor Gericht gestellt. Exakt an der Stelle des abgebrannten Stallgebäudes befindet sich heute die Reddelicher Bauemscheune, errichtet von der Baufirma Westendorf.

Dann erinnere ich mich an einen Brand etwa 1932/1933 in Steffenshagen auf der Bauemstelle Hans Upplegger (nahe der heutigen Buswendeschleife vor den Wittenbecker Tannen). Da sind wir mit dem Fahrrad hin. Ulrich Dreyer – Heiner Dreyers ältester Sohn – und ich.

Unsere Feuerwehr war auch da zum Löschen, ebenfalls die Doberaner und Kröpeliner Feuerwehr mit ihren Motorspritzen.

Im Sommer 1940 brannte dann nach einem Blitzeinschlag die Scheune des Bauern Neckel an der F 105 – das letzte Grundstück vor dem Doberaner Kellerswald – ab. Die Kröpeliner Feuerwehr, damals unter der Leitung des Elektromeisters Fritz Crull war auch da.

Während des Krieges war ich ab Weinachten 1942 als Soldat bei der Deutschen Wehrmacht. Zuvor konnte ich aber sehen, wie nach den ersten Bombardierungen von Rostock im April 1942 Feuerwehren aus ganz Mecklenburg um Rostock zusammengezogen wurden. Die Doberaner und die Kröpeliner Wehr mussten gleich nach Rostock. Es zogen dann aber, wie ich gesehen habe, sogar Feuerwehren aus weit entfernten Orten, so z. B. aus Klütz und aus Neukloster, durch Reddelich nach Rostock.

Zu dem Brand in Brusow nach einem Tieffliegerangriff kann ich folgendes sagen.

Es war im Frühjahr 1944. Ich war damals als verwundeter Wehrmachtsangehöriger auf dem Weg ins Lazarett. Da hörte ich im Radio von dem Tieffliegerangriff auf den Zweiuhr-Zug bei Brusow. Es war, wie sich später zeigte, genau am Kilometer 35 der Bahnstrecke Rostock – Wismar an der Grenze zwischen Brusow und Kröpelin. Durch den Tieffliegerbeschuss geriet das Reetdach des Wohnhauses auf dem Grundstück Luckwaldt in Brand. Das ist das erste Grundstück aus Richtung Reddelich kommend rechts der B 105.

Klaus Kretschmann, Reddelich 2008