Statut der Mecklenburgischen Spritzenverbände

Sinngemäße Abschrift Klaus Kretschmann [51], 2011

An das Großherzogliche Amt zu Doberan
Auf das gefällige Anschreiben vom [29. März] verfehlen wir nicht, einen verehrlichen Großherzoglichen Amte ein Exemplar des diesseitigen Spritzen-Statuts nebst Instruction mit den ergebensten Bemerken mitzuteilen, daß wir solche Formulare den einzelnen Spritzenverbänden zur Beratung event. Abänderung und Genehmigung zugefertigt und dem Befinden nach als dann unsere Zustimmung dazu erteilt haben.
Einer Publication bedarf es unseres Dafürhaltens nicht.

Schwerin, 23. Juni 1880
Großherzogliches Amt
Timm

§ 1
Zum Spritzenverbande gehören die Gemeinden …

§ 2
Die Verwaltung des Spritzenverbandes steht unter Oberleitung des Großherzoglichen Amtes dem Spritzen-Vorstande zu. Der Spritzen-Vorstand besteht aus dem Ortsvorsteher aller Gemeinden dieses Verbandes. Vorsitzender im Spritzenvorstand ist stets der Ortsvorsteher des Standortes.

Dem Vorsitzenden liegt ob:

  1. Die Leitung der Verhandlungen des Spritzenvorstandes
  2. Vermittlung aller Verhandlungen mit dem Großherzoglichen Amte, sowie die etwa erforderlichen Berichterstattungen dahin.
  3. Die Kassenführung der Verbands-Kasse

Im Falle der Behinderung oder Abwesenheit des Vorsitzenden wird derselbe vertreten von den übrigen Mitgliedern des Spritzenvorstandes nach ihrem Dienstalter.

§ 3
Der Geschäftskreis des Spritzenvorstandes ist folgender:

  1. Beschlußnahme über Aufstellung und Entlassung der Spritzenmeister und Mannschaften.
  2. Aufsicht auf das Eigentum des Spritzenverbandes.
  3. Aufsicht auf die Führung der Spritzen-Kasse

§ 4
Geschäftsführung des Spritzen-Vorstandes:

  1. Der Spritzen-Vorstand faßt seine Beschlüsse durch Stimmenmehrheit der erschienenen Mitglieder. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.
  2. Der Spritzen-Vorstand tritt nur auf Ladung des Vorsitzenden zusammen. Der Vorsitzende ist verpflichtet, zweimal im Jahre und zwar im Laufe der Monate April und Oktober den Spritzen-Vorstand zu einer ordentlichen Versammlung mittels drei Tage zuvor zu beschaffender Ladung zu berufen. Im April zur Revision des Verbandseigentums und zur Beschlußfassung über dessen Ergänzung durch Reparaturen oder Neuanschaffungen, im Oktober zur Ablegung der Spritzenkassen-Rechnung. Mit beiden Sitzungen ist eine Spritzenprobe zu verbinden. Außerordentliche Sitzungen werden von den Vorsitzenden je nach Bedürfniß, oder auf Antrag zweier Mitglieder des Spritzen Vorstandes binnen 14 Tagen nach Eingang eines solchen Antrages berufen.
  3. Die Beschlüsse und Verhandlungen des Spritzenvorstandes sind zu protokollieren, und von allen anwesenden Mitgliedern des Vorstandes zu unterschreiben.

§ 5
Bedienung der Spritze.

Der Spritzen-Vorstand ernennt:
zwei Spritzenmeister und 16 Spritzenleute, welche sämtlich aus der Bevölkerung von … zu erwählen sind, und ohne Beschluß des Spritzen-Vorstandes nicht entlassen werden können. Doch hat bei einem Feuer im Domanium der Dirigent der Löschanstalten das Recht, sie für die Dauer derselben aus dem Dienste zu weisen.

Die Spritzenmeister haben, soweit dies Statut nicht ein anderes bestimmt, gleiche Amtspflichten. Es liegt ihnen im Allgemeinen ob, alles dasjenige vorzunehmen, was zur Erhaltung und zum zweckmäßigen Gebrauche des Verbands-Eigentums erforderlich ist. Dem ersten Spritzenmeister liegt bei einem Feuer die Handhabung der Spritze ob, dem zweiten die Leitung und Überwachung der Spritzenleute. Die 16 Spritzenleute haben bei jeder Tätigkeit der Spritze dieselbe zu bedienen und zu begleiten, bis ihnen von dem Spritzenmeister oder dem Dirigenten der Löschanstalten ein anderes geheißen wird. Im Falle sie durch dringende Gründe vom Ausrücken behindert sind, haben sie für einen brauchbaren Ersatzmann zu sorgen. Spritzenmeister und Spritzenleute tragen beim Feuer als Abzeichen eine Binde um den linken Arm mit einem weißen Schilde. Im Übrigen normiert für Spritzenmeister und Spritzenleute die zur Anlage angeschlossenen Dienst-Instruction, auf deren getreue Erfüllung sie bei ihrer Anstellung vom Vorsitzenden des Verbandes mittels Handschlag verpflichtet werden.

§ 6
Remuneration der Spritzenmannschaft.

  1. Als Entschädigung für Aufsicht, Leitung und Reinigung der Spritze erhält
    jeder Spritzenmeister jährlich 8 Mark
  2. Als Entschädigung für Fett zum Schmieren der Spritze erhält der erste Spritzenmeister jährlich 5 Mark
  3. Für jede vom Spritzen-Vorstand angesetzte Spritzenprobe
    jeder Spritzenmeister 2 Mark, jeder Spritzenmann 50 Pf.
  4. Für Arbeiten beim Feuer, von der Zeit des Ausrückens bis zum Abgange von der Brandstätte, einerlei ob die Spritze benutzt wurde oder nicht, pro Stunde jeder Spritzenmeister 35 Pf, jeder Spritzenmann 15 Pf.
    Kehrt die Spritze vor Erreichung des Brandortes um, so zählen die zu vergütenden Stunden bis zum Zeitpunkte der Umkehr. Wird ohne Not oder böswillig die Umkehr verzögert, so wird nicht mehr als für eine Stunde gezahlt. Bei einem Feuer außerhalb des Verbandes tritt dieselbe Berechnung der Löhne sub d. ein doch soll jeder Spritzenmeister nicht unter 3 Mark, jeder Spritzenmann nicht unter 1 Mark erhalten.
  5. Für den Transport der Spritze, sowie der erforderlichen Zahl von Beiwagen zur
    Hinschaffung der Spritzenmannschaften erhält jedes Pferd bei Feuer innerhalb des Verbandes 1 Mark bei Feuer außerhalb derselben 1,50 Mark.
  6. Von etwaigen Prämien, welche für die Spritze gezahlt werden soll, soweit sie dazu ausreicht, für jedes Pferd, welches zum Transport der Spritze gedient hat 2 Mark, für jedes Pferd, welches die Wagen mit Spritzenleuten befördert hat 1 Mark vergütet werden, der Rest fließt zur Spritzenkasse. Diese Vergütung sub.f fällt bei Bränden in … sämtlich in die Spritzenkasse,
  7. Bei einem etwaigen Brande in … fällt die Vergütung für die Spritzenleute sub d. weg. Die Spritzenmeister erhalten dagegen für pro Stunde 25 Pf vergütet.

Ist die Spritze ohne requiriert oder sonst dazu verpflichtet zu sein, ausgerückt und kehrt unverrichteter Sache zurück, weil der Brand weiter als 7,50 Kilometer von … entfernt war, so wird weder für Pferde noch für die Mannschaften eine Vergütung bezahlt.

Die Aufträge sub a.b. und e werden alljährlich zu Neujahr, alle übrigen 3 Wochen nachdem die betreffende Forderung entstanden ist, aus der Spritzenkasse gezahlt.

§ 7
Transport der Spritze:

  1. Der Transport der Spritze und der Spritzenleute zum Feuer erfolgt gleichzeitig. Die Anspannung haben die Erbpächter zu … nach einer in der Gemeindeversammlung daselbst bestimmten Ordnung zu liefern. Spritze wie Beiwagen sind mit 4 Pferden zu bespannen.
  2. Den Rücktransport der Spritze, falls sie auf Anordnung des Dirigenten der Löschanstalten beim Feuer bleibt, und die … Anspannung entlassen ist, beschafft die vom Feuer betroffene Gemeinde. Ist letztere dazu, oder zum rechtzeitigen Rücktransport d. h. sobald die Spritze nach Bestimmung des Dirigenten entbehrlich ist, nicht im Stande, so ist die Gemeinde dazu verpflichtet, und erhält von der Gemeinde des Brandortes dafür die vollen Ansätze des § 6 vergütet.
  3. Transport der Spritze aus Veranlassung von Reparaturen von und zur Stadt oder zu Spritzenproben hat die Gemeinde unentgeltlich zu beschaffen.

§ 8
Verpflichtung zur Hilfeleistung.

  1. Die Verbandsspritze liefert den Verbandsgemeinden und den benachbarten Domanialgemeinden bis zu 7,5 Kilometer (1 Meile) Entfernungen … aus unaufgefordert Hilfe.
  2. Zu Feuern außerhalb des Amtes rückt die Spritze nur aus auf Requisition der zuständigen Ortsobrigkeit und Gemeinde-Vorstände und nur gegen Bezahlung der im § 6 bestimmten Löhne. Vereinbarungen mit benachbarten Gemeinde-Vorständen über unaufgeforderte Hilfeleistungen bleiben Vorbehalten.
  3. Bei Feuern innerhalb der Gemeinden des Verbandes darf die Spritze am Standorte überhaupt nicht zurückgehalten werden, bei Requisitionen nach außerhalb nur dann und solange, als durch ein Gewitter dem Standorte unmittelbar Gefahr droht.

§ 9
Die Spritzen-Kasse.

  1. Die Bedürfnisse der Spritzenkasse, aus welcher alle durch die Anschaffung und Erhaltung des Verbands-Eigentums entstehenden Kosten sowie die Löhne gezahlt werden, werden gedeckt:

a) durch die Prämien, soweit sie nach diesem Statute in die Spritzenkasse fließen
b) durch Strafgelder (… Feuerlöschverordnung § 37)
c) durch Beiträge der Gemeinden des Verbandes, welche in der Verhältniszahl des gemischten Steuerflußes geliefert werden.
Die Art der Aufbringung dieser Beiträge innerhalb der einzelnen Gemeinden bestimmt lediglich diese selbst nach Maaßgabe der revidierten Gemeinde-Ordnung.

  1. Die Spritzenkassen-Rechnung wird allemal im Oktober gelegentlich der Spritzenprobe vom Spritzenvorstand aufgenommen, und steht von da ab 14 Tage lang jedem Mitglied der Gemeinde-Versammlungen der Verbands-Gemeinden deren Einsicht frei. Diese haben etwaige Monituren binnen gleicher Frist bei ihren resp. Gemeinde-Vorständen anzubringen. Über deren Begründetheit soll die Entscheidung des Großherzoglichen Amtes nachgesucht werden. Die Jahres-Rechnung der Spritzenkasse soll spätestens zum 1. November dem Amte zur Revision vorgelegt werden.

§ 10
Dieses Statut erlangt nach vorgängiger Genehmigung durch die Gemeinde-Versammlungen der Verbands-Gemeinden durch die Bestätigung des Großherzoglichen Amtes volle Gültigkeit.
Abänderungen oder Zusätze sind ohne Genehmigung des Amtes ungültig.
Jede Gemeinde des Verbandes soll ein Exemplar dieses Statuts erhalten.

Anlage

Instruction für die Spritzenmeister und Spritzenleute der Spritze

§ 1
Zur Bedienung der Spritze werden von dem Spritzen-Vorstande ernannt und von dem Vorsitzenden mittels Handschlags auf genaue Befolgung dieser Instruktion verpflichtet und in ihren Dienst eingewiesen: zwei Spritzenmeister und sechzehn Spritzenleute.

§ 2

  1. Die Spritzenmeister stehen, soweit hier nicht ein anderes bestimmt wird, einander gleich, sie haben die Aufsicht auf das gesammelte Verbandseigentum, worüber ihnen ein Verzeichnis behändigt wird. Nach jedem Gebrauche haben sie Spritze und Schläuche gehörig zu reinigen und letztere aufzuhängen.
    Damit die Spritze stets gangbar sei, haben sie dieselbe wöchentlich wenigstens einmal nachzusehen, namentlich darauf zu achten, dass nicht etwa durch Einrosten, Eintrocknen, Zufrieren oder dergleichen etwas wenn auch nur augenblicklich unbrauchbar werde. Finden sie dergleichen Mängel, so haben sie davon dem Ortsvorsteher von … sofort Anzeige zu machen.
  2. Bei Feuern und Spritzenproben haben die Spritzenmeister für Instandsetzung der Spritze zu sorgen. Der erste Spritzenmeister hat die Rohrführung und den Befehl über die Mannschaften, der zweite die Aufsicht über letztere. Ohne Erlaubnis des Leiters der Löschanstalten darf kein Spritzenmeister die Spritze verlassen.
    Zur Einübung der Spritzenleute haben die Spritzenmeister mindestens alle acht Wochen einmal ohne Verwendung von Wasser unentgeltlich kurze Übungen mit der Spritze zu machen, damit die Mannschaften die Handhabung derselben lernen und sich an das strenge Arbeiten auf Kommando gewöhnen.

§ 3
Die Spritzenleute sind streng an die Weisungen der Spritzenmeister oder der Leiter der Löschanstalten gebunden, und dürfen sich ohne deren Erlaubnis bei Feuer oder Proben von der Spritze nicht entfernen, und müssen auf jede Ansage zu kleinen unentgeltlichen Übungen unweigerlich erscheinen.

§ 4
Sobald ein Gewitter aufzieht, oder Feuerlärm erschallt, haben Spritzenmeister und sämtliche Spritzenleute sich beim Spritzenhause einzufmden und alles zum Abrücken in Bereitschaft zu setzen. Während eines Gewitters rückt die Spritze zu einem außerhalb der Verbands-Gemeinden entstandenem Feuer nur auf ausdrückliche Anordnung des Schulzen zu … ab.

§ 5
Beim Ausrücken zu einem auswärtigen Feuer, welches zu geschehen hat, sobald außer vier Pferden für die Spritze, auch zwei zweispännige Beiwagen bereit ist, sorgt der erste Spritzenmeister dafür, dass eine Wasserkufe und einige Feuerhaken mitkommen, der erste Spritzenmeister hat mit der Spritze zu fahren, der zweite mit dem nächstfolgenden Beiwagen, worauf außer ihm noch acht Spritzenleute zu befördern sind. Die übrigen Spritzenleute folgen auf dem zweiten Beiwagen.
Ist die Spritze auf der Brandstätte angelegt, so hat der erste Spritzenmeister sich sofort beim Dirigenten der Löschanstalten zu melden und nach deren Weisungen zu verfahren. Sobald dieser als dann erklärt, daß die Spritze nicht mehr benützt wird, so hat der zweite Spritzenmeister das mitgebrachte Inventar an Eimern, Haken, Kufen gg zusammen zubringen und sich damit in Begleitung der Spritzenleute nach … zurück zu begeben. Der erste Spritzenmeister dagegen bleibt bei der Spritze und darf erst mit dieser zurück kehren. Bevor die Spritzenleute vom Feuer zurück kehren, haben sie sich vom ersten Spritzenmeister Weisung einzuholen, wann und wo sie sich zur Reinigung der Spritze zu gestehen haben.
Der erste Spritzenmeister führt einen Schlüssel zum Spritzenhause.

§ 6

  1. Jeder Spritzenmeister erhält als Remuneration jährlich zu Neujahr 8 Mark.
  2. Der erste Spritzenmeister erhält für Fett zum Schmieren der Spritze pro anno
    5 Mark.
  3. Für j ede Spritzenprobe erhält jeder Spritzenmeister 2 Mark und jeder Spritzenmann 50 Pf.
  4. Für Arbeiten beim Feuer erhält pro Stunde jeder Spritzenmeister 35 Pf, jeder Spritzenmann 15 Pf, jedoch bei Feuern außerhalb des Verbandes jeder Spritzenmeister nicht unter 3 Mark, jeder Spritzenmann nicht unter 1 Mark. Berechnet werden die Stunden von der Zeit des Ausrückens bis zu dem Momente, wo sich entscheidet, dass die Spritze nicht mehr verwendet werden soll.
  5. Bei einem etwaigen Brande in … fällt die Vergütung für die Spritzenleute sub. weg. Die Spritzenmeister erhalten dagegen pro Stunde 25 Pf vergütet.

§ 7
Ordnungswidrigkeiten seitens der Spritzenmeister oder Spritzenleute, insbesondere Ungehorsam gegen die Befehle des Leiters der Löschanstalten, sowie von Seiten der Spritzenleute gegen die Anordnungen der Spritzenmeister, namentlich auch Entfernung von der Spritze ohne Erlaubniß werden nach § 36 der Feuerlöschordnung bestraft. Außerdem ist der Leiter der Löschanstalten bei einem Feuer jederzeit berechtigt, jeden Spritzenmann und auch die Spritzenmeister vorläufig abzusetzen. Die definitive Entlassung erfolgt nach halbjähriger, beiden Seiten zustehender Kündigung.