Zur Geschichte der Bauern im Gebiet des Klosters Doberan

von Reinhold Griese, 2014

Die ersten Mönche kamen 1171 nach Althof. Im Jahr 1186 wurde, nach dem Untergang des Klosters in Althof, das Kloster Doberan gegründet. Zu dem Klostergebiet gehörten die slawischen Dörfer Althof, Parkantin (Parkentin), Doberan, Petucha (Hohenfelde), Stulue (Stülow), Raducle (Reddelich), Crupelin (Kröpelin), Wilsna (Wilsen) und vier Dörfer in Cubanze, die nicht eindeutig bestimmt werden können. Mit den Mönchen kamen Siedler, tüchtige deutsche Bauern aus Westfalen, Friesland, Niedersachsen und auch aus Schleswig Holstein. Diese vermischten sich mit der slawischen Urbevölkerung oder gründeten eigene Dörfer, indem sie den Wald rodeten. So entstanden die Hagendörfer zwischen Doberan und der Warnow.

Die Bauern im 13. Jahrhundert

Zur Zeit der Besiedlung erhielt der Bauer seine Hufe in Erbpacht oder Erbzeitpacht. Er war persönlich frei und vom Grundherren, dem Kloster, nicht kündbar. Für die Ackerfläche musste er an ihn einen Zins zahlen. Dagegen waren das Haus und das Inventar Eigentum des Bauern. Der Pachtvertrag war Gewohnheitsrecht und nicht schriftlich festgehalten. An Abgaben musste der Bauer folgendes leisten:

  • der Zehnt an den Bischof, den dieser an das Kloster abgetreten hat,
  • die jährliche Bede (Steuer) an den Landesherren,
  • das Ablager, das bedeutet, dass das Kloster dem Landesherren Quartier und Versorgung während des Aufenthalts zu stellen hat und dies auf die Bauern umgelegt wurde,
  • die Pacht in Geld oder Naturalien an das Kloster und
  • das Rauchhuhn (ein Huhn von jedem Haushalt) an das Kloster.

Die Dorfgemeinden lebten in Selbstverwaltung mit einem Schulzen, der von den Hüfnern gewählt wurde. Die Bauern regelten gemeinschaftlich die Angelegenheiten des Dorfes, wie z. B. die Weidenutzung, die Termine der Aussaat und der Ernte, die Nutzung des Brunnens und des Backofens. Üblich war häufig die Tauschfreite, in dem zwei Gehöftserben jeweils die Schwester des anderen heiratete. Es herrschte das Anerbenrecht. Der älteste Sohn oder der Mann der ältesten Tochter übernahm den Hof. Dadurch war die Erbteilung und die Zersplitterung des bäuerlichen Besitzes ausgeschlossen.

Die Bauern im 14. Jahrhundert

Es gab viele Missernten. Durch den schlechten Düngeranfall sanken die Erträge. Hinzu kam es zur Verschlechterung des Klimas. Die Winter wurden kälter, die Sommer regenreicher. Im Jahre 1348 tauchte zum ersten Mal in Norddeutschland die Pest auf. Das führte zur Entvölkerung weiter Landstriche. Überlebende Bauern flüchteten in die Städte. Diese Krisen führten dazu, dass die Erträge aus der Landwirtschaft die Ernährung der Bevölkerung nicht im ausreichenden Maße sicherstellen konnten.

Die Bauern im 15. Jahrhundert

Die Naturalabgaben der Bauern wurden in Geldpachten umgewandelt. Die Bauern mussten mit ihrem Gesinde verstärkt Arbeitsleistungen auf den großen Klostergütern vollbringen. Dadurch vernachlässigten sie die eigene Wirtschaft. Das Kloster widmete sich zunehmend dem Getreideexport in die westlichen Länder und steigerte damit seinen Reichtum. Auch ging das Kloster dazu über, sein Eigenland durch wüste und auch bewirtschafte Bauernhöfe zu vergrößern.

Die Bauern im 16. Jahrhundert

In der ersten Hälfte des 16. Jh. wurde die Reformation durchgeführt. Das Doberaner Kloster wurde 1552 aufgelöst. Die Klosterdörfer wurden dem Domanium, dem herzoglichen Besitz, zugeschlagen. In Doberan wurde ein Amt gegründet, in welchem die Doberaner Beamten die Bauernwirtschaften verwalteten. Sie bestimmten die Arbeit der Bauern. Diese wurden Hauswirte genannt, weil ihnen weder das Ackerland noch das Gebäude und die Hofwehr, das lebende und tote Inventar der Bauernstelle, gehörten. Übernahm ein Hauswirt eine Stelle, fertigte das Amt eine Inventarliste an. Übergab er die Wirtschaft an seinen Erben oder einen Nachfolger, musste er die inventarisierte Hofwehr nachweisen. Auch der Zustand der Gebäude wurde protokolliert. Der Hauswirt war kein wirtschaftlich selbständig Handelnder. Er hatte kein Interesse daran, die Bauernstelle wirtschaftlich zu stärken, weil ihm nichts gehörte. Erfüllte er die Auflagen des Amtes nicht, wurde er bestraft und in einigen Fällen sogar körperlich gezüchtigt.

Die Abgaben und Dienste wurden neu geregelt. Die Bauern hatten an drei Wochentagen Spanndienste auf den herzöglichen Gutshöfen, den Domänen, zu leisten. Um die Zahl der Arbeitskräfte auf dem Lande zu erhalten, durften nach der Polizeiordnung von 1572 kein Knecht und keine Magd in die Stadt abwandern. Da zumeist der älteste Sohn die Wirtschaft erbte, mussten sich seine jüngeren Geschwister als Gesinde auf der Hofstelle verdingen.

Die Bauern im 17. Jahrhundert

Der Dreißigjährige Krieg (1618-48) wirkte sich katastrophal auf das Leben in den Dörfern aus. Durch den Menschenmangel waren nicht alle Bauernstellen besetzt. Häufig gab es auf einzelnen Dörfern nur noch ein bis zwei Bauern. Im Domanium bemühte man sich, wüste Hufen neu zu besetzen. Knechte wurden gezwungen, Bauernstellen zu übernehmen. Den vorhandenen Hüfnern wurden wüste Hufen zugelegt. Kossaten (Kleinbauern) erhielten Vollhufenstellen. Für die zugelegten Ländereien mussten Abgaben gezahlt werden, das so genannte wüste Hufengeld. Trotz aller Bemühungen, die Bauernstellen zu besetzen, gab es nach dem Krieg um die Hälfte weniger Bauern. Die Bauern wurden zu Leibeigenen. Das wurde 1654 gesetzlich verankert. Wollte ein freier Untertan einen Leibeigenen heiraten, musste der freie Partner Leibeigener werden. Kinder von Leibeigenen waren wieder Leibeigene. Der Bauer war im Grunde genommen ein leibeigener Zeitpächter mit Frondienstverpflichtung an den Grundherren. Eine Selbstverwaltung in den Dörfern gab es nicht mehr. Das Amt setzte die Schulzen ein, bestimmte die Gehöftsnachfolge sowie die Aussaat- und Erntetermine.

Die Bauern im 18. Jahrhundert

Im 18. Jh. nahmen die Frondienste der Bauern zu. Im Jahre 1709 erließ das Amt Doberan eine Hofdienstordnung. In ihr wurde folgendes festgehalten:

  • Die Bauern hatten vier Tage mit dem Vieh und einen Tag mit der Hand in der Woche zu Hofe zu dienen.
  • In der Ernte war die ganze Woche hindurch zu dienen, ebenfalls in der Heuernte.
  • In der Ernte hatte der Bauer mit zwei Mähern und zwei Bindern zu dienen, sonst mit drei Personen.
  • Kinder durften nicht geschickt werden.
  • Die Dienste begannen im Sommer um sieben Uhr im Winter um acht Uhr, im Sommer bis Sonnenuntergang, im Winter bis zur Abendämmerung.
  • In der Ernte begannen sie mit dem Sonnenaufgang und endeten mit der Dunkelheit.

Daneben gab es Extradienste wie Schafscheren und Hopfenpflücken. Das alles musste geleistet werden, ohne Lohn zu erhalten.

Eine Reihe von Bauernfamilien wanderte aus, so nach Preußen und Russland. Bauernsöhne, die nicht Knechte bei dem erbberechtigten Bruder sein wollten, verließen das Land. Landflucht und Dienstverweigerung wurden schwer bestraft. Um die Auswanderungswelle zu stoppen, wurde 1753 die Ansiedlung von Büdnern erlaubt. Die Büdner erhielten ein Haus mit Gartenfläche und 100 Quadratruthen. Diese erste Büdneransetzung bewährte sich nicht. Erst 100 Jahre später wurden Büdnerstellen in größerem Umfang geschaffen. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden die Hofdienste durch Geldzahlungen abgelöst.

Den Bauern wurde immer mehr bewusst, dass der größte Fleiß ihre schlechte Lage und die ihrer Kinder nicht verbesserte. Das führte zu geringen landwirtschaftlichen Erträgen. Damit stand die Abschaffung der Leibeigenschaft auf der Tagesordnung.

Die Bauern im 19. Jahrhundert

Ein entscheidendes Ereignis im Leben der Bauern war die Abschaffung der Leibeigenschaft im Jahre 1820 mit Wirkung von Ostern 1821. Die Bauern wurden zumeist über einen Zeitraum von vierzehn Jahren Zeitpächter. Die Zeitpachtverträge wurden mit den Bauern einer Dorfschaft einheitlich abgeschlossen. Auch Knechte wurden zur Übernahme einer Bauernstelle zwangsverpflichtet.

Verstarb ein Bauer und gab es keinen Sohn, der die Wirtschaft übernehmen konnte, wurde ein Interimswirt eingesetzt, der dann häufig die Witwe heiratete. Der Interimswirt musste die Stelle an den Sohn übergeben, sobald dieser mit 25 Jahren volljährig war und als tüchtig angesehen wurde. Der Hofdienst wurde durch die Zahlung von Dienstgeld abgelöst Zudem wurden die Baubestimmungen günstiger. Die Gebäude mussten wegen der Brandgefahr von Reetdach mit einem Ziegeldach versehen werden. Die Regulierung der Ackerflächen brachte einschneidende Veränderungen mit sich. Die Bauern erhielten eine zusammenhängende Flur mit möglichst kurzer Wegstrecke vom Hof zum Acker.

Ab 1867 wurde die Vererbpachtung eingerichtet. Die Bauern nannten sich jetzt Erbpächter. Sie mussten vier Mal im Jahr Pacht bezahlen. Die Höhe des Pachtgeldes blieb bestehen, auch wenn die Kornpreise sanken. Stiegen die Kornpreise, wurden die Pachtgelder erhöht. Die Erbpächter mussten Erbstandsgelder zahlen und die Hofwehr kaufen. Das führte zu ihrer hohen Verschuldung. Die Schulden waren mit vier Prozent zu verzinsen und mit ein Prozent zu tilgen. Das wiederum füllte die Kassen des Herzogs. Dass die Bauern die Hofwehr käuflich erwerben mussten, wurde als ungerecht angesehen, da sie von den Bauern über Generationen erwirtschaftet worden war.

Die Bauern im 20. Jahrhundert

Das 20. Jahrhundert war durch zwei verheerende Weltkriege geprägt, die die Landwirtschaft stark in Mitleidenschaft zogen. Im Ersten Weltkrieg wurde der Lebensnerv der Bauernwirtschaften durch die Beschlagnahme der Hälfte der Pferde und durch die Ablieferung von Vieh, Korn und Futter getroffen. Durch eine Kreis- und Landesbehörde für die Volksernährung sollte die Versorgung der Front und die Verteilung der Nahrungsmittel im Lande gesichert werden, was jedoch nicht gelang.

Auf Grund der Kriegsschulden gab es 1922/1923 eine Inflation. Die Bauern wollten ihre Schulden günstig zurückzahlen, was nicht gestattet wurde. Die Schulden, bestehend aus Papiermark, wurden im Verhältnis von 4 zu 1 in Goldmark aufgewertet.

In der Weimarer Republik ging es den Bauern schlecht. Die Bevölkerung konnte aus finanziellen Gründen nicht die notwendigen Lebensmittel kaufen, was sich negativ auf den Absatz der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und somit auf die Einnahmen der Bauern auswirkte. Düngemittel waren fast unerschwinglich. So kostete ein Zentner Stickstoffdünger den Gegenwert von zwei Zentner Roggen. Durch den Prozess der ständigen Verschlechterung der Wirtschaftslage waren die Bauern hoch verschuldet. Daran war auch die Steuerpolitik der Regierung beteiligt. Für die mecklenburgischen Bauern galten folgende Steuersätze:

  • unter 2 ha 24,54 RM je ha,
  • 2 bis 3 ha 17,27 RM je ha,
  • 5 bis 10 ha 11,74 RM je ha,
  • bis 5000 ha 4,60 RM je ha.

Die Nazis versprachen Änderungen. Sie gaben rosige Versprechungen, denen die Bauern glaubten. Hitler hatte in bauernfängerischer Manier erklärt: »Das Dritte Reich wird entweder ein Bauernreich sein oder untergehen!« Die schöntönenden Formulierungen wie "Blut und Boden" und "Das Landvolk ist das Rückgrat der Wehrkraft" gefielen manchen Bauern. Die Nationalsozialisten planten von Anfang an einen Krieg um die Weltherrschaft. Sie folgten deshalb der Logik, dass ohne eine hohe landwirtschaftliche Produktion kein Krieg zu führen war.

Im Jahr der nationalsozialistischen Machtübernahme wurde der Reichsnährstand gegründet. Alle Institutionen, die mit der Erzeugung, dem Vertrieb und der Preisbildung von landwirtschaftlichen Produkten befasst waren, mussten Mitglied des Reichsnährstandes sein, so auch die Bauern. Sie mussten landwirtschaftliche Erzeugnisse abliefern und einen Mitgliederbeitrag entrichten. Der Reichsnährstand diente als Zwangsorganisation der Kriegsvorbereitung und -führung. Bezeichnend für die Aufgaben des Reichsnährstandes war das Emblem, ein Hakenkreuz (Politik) mit einer Ähre (Ernährung) und einem Schwert (Krieg).

Geleitet wurden die Landes-, Kreis- und Ortsbauernschaften von Bauernführern. Ortsbauernführer in Reddelich war Albrecht Brinkmann, in Brodhagen der Pächter von Hof Brodhagen, Dierks.

Im September 1933 wurde das Reichserbhofgesetz durch die nationalsozialistische Regierung erlassen. Landwirtschaftliche Betriebe einer Größe von 7,5 ha bis 125 ha konnten Erbhöfe werden. Nur Erbhofeigentümer wurden als Bauern bezeichnet, alle anderen als Landwirte. Bauer aber konnte nur werden, wer deutschen und stammesgleichen Blutes war. Damit diente das Gesetz der nationalsozialistischen Blut- und Bodenideologie. Erbhöfe waren nur als Ganzes vererbbar, aber nicht veräußerlich und durften nicht durch Schulden belastet werden. Dadurch sollten die Höfe vor Überschuldung und Zersplitterung im Erbgang geschützt werden. Erpachthöfe konnten als Erbhöfe erworben werden. Welche Bauernhöfe in Reddelich und Brodhagen Erbhöfe waren, konnte noch nicht ermittelt werden.

Mit der bedingungslosen Kapitulation der Hitlerwehrmacht am 8. Mai 1945 war der Zweite Weltkrieg beendet, den das Hitlerregime verschuldet hatte. Millionen und aber Millionen Menschenopfer hat der Krieg verschlungen, darunter auch Bauernsöhne, die einen Bauernhof erben sollten. Die Landwirtschaft war desorganisiert. Sie hatte die schwierige Aufgabe, die Bevölkerung zu ernähren, was mit den Jahren zunehmend besser gelang.

Ein weiterer Einschnitt in die Geschichte der Bauern war die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft in der DDR. Das führte dazu, dass viele Bauern die DDR verließen und in die BRD gingen. Aus den verlassenen Bauernhöfen wurden Örtliche Landwirtschaftsbetriebe (ÖLB) gebildet, die von den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) übernommen wurden. Mit der Zeit arrangierten sich die Bauern mit den Genossenschaften. Die Arbeit in der LPG stellte eine Erleichterung gegenüber der des Einzelbauern dar. Die Industrialisierung der Landwirtschaft auf den größeren Ackerflächen führte zu höheren Erträgen.

Nach der politischen Wende wurden aus den LPG landwirtschaftliche Betriebe mit anderen Eigentumsformen gebildet. Einige Bauern übernahmen ihren Bauernhof als Wiedereinrichter, pachteten Land dazu, um rationell wirtschaften zu können.

Artikel aktualisiert am 15.03.2024