1909: Gründung einer Dampf-Dresch-Genossenschaft in Reddelich

Die Dampfdreschgenossenschaft e.G.m.b.H. zu Reddelich beabsichtigte, noch im Gründungsjahr, für ihr Lokomobil und Dreschsatz einen Schuppen zu bauen. Dieser sollte auf Steinfundament, im Übrigen aus Holz errichtet werden. Da kein geeigneter Bauplatz im Dorf zu bekommen war, hatte der Vorstand der Genossenschaft gebeten, den Schuppen in der etwa hundert Meter nördlich vom Dorf, am Weg nach Steffenshagen, gelegenen früheren Lehmgrube, bauen zu dürfen.

Hintergrund war die wettergeschützte Unterbringung eines Dampflokomobils und des dazugehörigen Dreschsatzes. Damit lagen die Gründer der Dampfdreschgenossenschaft voll in der Zeit. Die Mechanisierung der Landwirtschaft war auch in Mecklenburg angekommen. Die neuesten und effizientesten Maschinen waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts für einzelne Bauernhöfe zu groß und zu teuer. Außerdem erforderten sie geschultes Bedienpersonal. Daher machte es Sinn, wenn sich die Bauern ganzer Dorfschaften zusammentaten und gemeinsam solche Geräte anschafften und betrieben.

Dampflokomobile waren, wenn man so will, die kleinen Schwestern der Dampflokomotiven. Im Gegensatz zu diesen wurden die Lokomobile jedoch nicht zum ziehen von Lasten konstruiert, sondern zur teilstationären Kraftabgabe. Die lenkbaren Räder dienten lediglich dem Transport und Verfahren des Lokomobiles selbst. Zum Ziehen von Lasten waren die Räder zu schwach konstruiert, sie würden brechen. Aber zum Antrieb einer Seilwinde zum Ziehen von Pflügen oder eines mechanischen Dreschsatzes gab es um 1910 nichts Besseres an Kraft und Ausdauer. Die ersten benzin- oder dieselgetriebenen Traktoren kamen erst um 1920 auf und waren längst nicht leistungsfähig genug, einen Dreschkasten, wie die Dreschsätze auch genannt wurden, anzutreiben. Die Zeit der Lokomobile endete erst mit der Elektrifizierung der Dörfer. Elektromotoren waren billiger, kleiner und leichter, einfacher zu bedienen und, und, und.

Übrigens wurde dem Antrag in Reddelich stattgegeben und noch 1909 mit dem Bau des Lokomobilschuppens begonnen.

Lanz-Lokomobile aus dem Jahr 1911 in Betrieb mit einer Dreschmaschine bei der Moorseer Mühle in Nordenham (Niedersachsen) [Bildquelle: Wikipedia; Wilfried Wittkowski; CC BY-SA 3.0; http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/]
Artikel aktualisiert am 13.04.2023