Die Reddelicher Büdnerei № 2

Von Reinhold Griese (Recherche), Ulf Lübs (Text, Layout).

Das Anwesen ist heute nicht mehr als Büdnerei zu erkennen. Das Hofgrundstück ist mit einem modernen Eigenheim bebaut und der Acker in die Weideflächen südlich der Moehlenbäk integriert. Landwirtschaft wird dort nicht mehr betrieben.

Erstmalig wurde die Büdnerei № 2 im Jahr 1818, zusammen mit der Büdnerei № 1 erwähnt und das Land von dort aus bewirtschaftet. Seit 1834 wird die Büdnerei № 2 eigenständig geführt. Sie wurde an den Zimmerergesellen Bull verkauft. Dreißig Jahre später, also 1864, erwarb der Arbeitsmann Johann Levetzow die Büdnerei. Er musste eine Hufensteuer von 24 Gulden und 7 Kreuzer entrichten.

Zur Volkszählung 1867 lebten auf der Büdnerei:

  • Der Büdner Johann Levezow (geb. 1830) mit Ehefrau Katerine (geb. 1827) und den Kindern Sophia (geb. 1863) und Joachim (geb. 1865).
  • Der Einlieger Johann Penzin (geb. 1840) mit Ehefrau Anna (geb. 1844) und Sohn Heinrich (geb. Jan 1867).
  • Der Einlieger Ludwig Bull (geb. 1809) mit Ehefrau Maria (geb. 1809).
  • Der Einlieger Friederich Fink (geb. 1801) mit Ehefrau Maria (geb. 1805) und Sohn Christian (geb. 1845). Auf See hielt sich am Zähltag Friedrich Fink (geb. 1841) auf.

1892 wurde die Steuer auf zehn bonitierte Scheffel zu je 1,33 Mark festgelegt, die von allen Büdnereien in Reddelich entrichtet werden musste. 1880 wurde das Wohnhaus umgebaut. Das Strohdach wurde abgenommen. Ein Drempel wurde gemauert und ein Pappdach mit entsprechend geringerer Dachneigung aufgesetzt. Diese Ansicht behielt das Haus bis zum Abriss im Jahr 2005.

1896 verkaufte Johann Levetzow die Büdnerei an seinen Sohn Joachim für 9.000 Mark, 7.757 Mark für die Büdnerei und 1.443 Mark für das Inventar. Das lebende und tote Inventar wurde im Kaufvertrag aufgeführt. Das gibt uns heute eine Vorstellung vom Besitz eines Büdners in dieser Zeit. Das Inventarverzeichnis enthielt:

  • zwei Kühe à 250 Mark,
  • zwei Schafe à 18 Mark,
  • ein Schwein,
  • zwei Kuhsielen,
  • zwei Tüderketten,
  • ein Haken,
  • eine Egge,
  • ein Walze,
  • zwei Karren,
  • eine Kornrummel,
  • Dreschgeschirr,
  • Forken, Spaten, Feuerhaken und Eimer,
  • eine Schrotmühle,
  • 25 Tonnen Kartoffeln,
  • sechs Säcke,
  • eine Axt,
  • zwei Beile,
  • zwei Sägen,
  • drei eiserne Keile,
  • eine Schlage,
  • eine Häckerlingslade,
  • zwei Eimer,
  • ein Butterfass,
  • eine Butterbütte,
  • ein Milchsieb,
  • 40 Milchsatten,
  • ein Pfundfass,
  • eine Kohlbütte mit Stoßer,
  • eine Hobelbank mit Geschirr,
  • eine Ziehbank,
  • drei Leitern,
  • eichen Stützholz,
  • Brennholz,
  • zwei Schleifsteine,
  • zwei Siebe,
  • ein Backtrog,
  • acht Körbe,
  • ein Fleischschneider,
  • eine Stallaterne,
  • eine Kornkiste,
  • eine Kornwaage,
  • ein Bett,
  • zwei Fuder Heu,
  • ein Scheffel,
  • ein Fass und
  • Ernte an Korn und Heu.

1900 wurde ein Stallgebäude und ein Wagenschauer angebaut. Zur Volkszählung 1900 lebten auf der Büdnerei:

  • Der Büdner Joachim Levetzow (geb. 1865) mit Ehefrau Emma (geb. 1876) und Tochter Frida (geb. 1897);
  • Der Vater des Büdners Johann Levetzow (geb. 1830)
  • Der Arbeiter Heinrich Gastmeier (geb. 1858) mit Ehefrau Anna (geb. 1862) und den Kindern Johann (geb. 1889), Frida (geb. 1898) und Emma (geb. 1900).

Im Jahr 1918 erwarb Heinrich Vick die Büdnerei. 1943 ist eine Erbauseinandersetzung über die Büdnerei aktenkundig geworden. Der Wert der Wert der Büdnerei ist auf 9.571,50 Mark eingeschätzt worden. Beim Notar wurde ein Überlassungsvertrag für Berta Jenß geschlossen. Beim Notar waren erschienen: Die Witwe des Büdners Heinrich Vick, sein Bruder, der Postschaffner Hans Vick, die Witwe Alma Allwardt geb. Vick, Berta Jenß, geb. Vick, Ehemann Hermann Jenß, Meta Kadow geb. Vick, Ehefrau des Stellmachers Paul Kadow aus Bad Doberan. Im gleichen Jahr übernahm Werner Jenß die Büdnerei. 1945 wohnten auf der Büdnerei neben der Familie Jenß noch Alma Allwardt mit Tochter Lieschen. Nach dem Krieg wurden dort eingewiesen: Otto Krolzig aus Ostpreußen mit den Kindern Erwin und Edith Lange.

1960 trat Werner Jenß, auf staatlichem Druck, in die neugegründete LPG (Typ I) REICHE ERNTE ein. Auch als Genossenschaftsmitglied hielt er zeitlebens Nutztiere auf seinem Hof.

2003 starb Werner Jenß. Mit seinem Tod endete die Geschichte der Büdnerei № 2 als landwirtschaftliche Produktionsstätte. 2004 kaufte die Familie Lange/Stengel das Hofgrundstück, rissen das alte Haus ab und bauten dort ein Einfamilienhaus.

Artikel aktualisiert am 27.03.2024