1954: Veröffentlichung eines Fachartikels vom Vorsitzenden der LPG Brodhagen

"Kranke Böden und ihre Genesung" betitelte die Dorfzeitung Der Scheinwerfer [18] am 7. August 1954 einen Fach-Artikel des Vorsitzenden der LPG Leuchtender Morgen Brodhagen, Erwin Puls.

Der Scheinwerfer Jennewitz 1954

Kranke Böden und ihre Genesung

So wie die Großfabrikanten Menschen und Maschinen ausbeuteten, so beutete der Großgrundbesitzer wissentlich Mensch und Boden aus, aber mancher Landwirt beutete den Boden unwissentlich aus. Daher ist es notwendig, heute den Krankenzustand unserer Böden zu erkennen, um sie heilen zu können.

Die Regierung der Arbeiter- und Bauernmacht verlangt von uns, daß wir dem Boden die höchsten Erträge abringen. Sie legt uns alle verfügbaren Mittel in die Hand, damit wir unseren Verpflichtungen nachkommen können. Wir als LPG stehen heute im bäuerlichen Sektor im Vorrang, Hochzucht im Ackerbau sowie in der Viehwirtschaft zu betreiben. Die wertvollen Anlagen ertragreicher Hochzuchtsaaten kann nur ein gesunder und mit Nährstoffen ausreichend versehener Boden voll zur Entfaltung bringen. Die Forderung nach Gesundung der Böden liegt darin, daß der Kalk-und Nährstoffzustand im Boden geregelt ist, daß der Boden ausreichend organische Massen erhält und daß eine biologische zweckmäßige Bodenbearbeitung durchgeführt wird. Deshalb müssen wir es möglich machen, diese 3 Faktoren zueinander in Einklang zu bringen. Dazu kommt die Regelung des Verhältnisses von Wasser und Luft.

Mit Hilfe des sich aus der Bodenuntersuchung ergebenden Säurezustandes müssen wir die notwendige Kalkmenge zur Neutralisierung des Bodens errechnen. Hierbei ist vor allen Dingen auf die Bodenart zu achten. Die leichten Böden in Brodhagen dürfen z. B. nur mit Kohlensauren Kalk gedüngt werden. Brandkalk würde hier schwer schädigend wirken. …

Im gleichen Maßstabe hat aber auch die Düngung mit organischen Massen für die Gesundung der Böden eine große Bedeutung. Einmal sind diese organischen Massen für die Kohlensäurebildung von allergrößter Bedeutung, wodurch der Kalk aktiviert wird und andererseits die Pflanze zu der wichtigsten Grundsubstanz der Stärkebildung kommt. Besonders für die leichten Böden ist der Humusgehalt so richtig, weil er hier als einziger in der Lage ist, Wasser und Nährstoffe, sowie auch den Kalk für längere Zeit festzuhalten. Diese Tatsache hat verständlicher Weise größte Bedeutung für die Ertragssicherheit. Andererseits genügt die Zuführung von Humus ohne Kalkung des Bodens nicht, weil erst der Kalk den Humus in eine feste Form, die auch schwere Regengüsse vertragen kann, bringt. Humus ohne Kalk würde sogar zur Auswaschung des Bodens und damit zur Untergrundverdichtung beitragen. Als Beispiel sei hier der Kiefernwald genannt. Die sauren Humusteile, die durch die Kiefernadeln entstehen, bewirken, daß wir in allen älteren Kiefernwäldern Ortstein vorfinden.

Wie können wir nun die Humusversorgung verbessern? Neben der Stallmistversorgung, die von der Größe des Viehbestandes und der Qualität und Menge des Futters abhängig ist, kommen dem Boden auch noch die Wurzelrückstände der Pflanze zugute. Je mehr Pflanzen wir in einem gleichen Zeitraum wachsen lassen, umso mehr Wurzelrückstände verbleiben also dem Boden. Das erklärt die hohe Bedeutung des Zwischenfruchtanbaues für die Bodenverbesserung. Zu bemerken ist außerdem, daß die am meisten angebauten Pflanzen der Zwischenfrucht sogar einen besonders guten Humus liefern, denn es handelt sich um die sehr feinen Gräserwurzeln, die ein gutes Durchwachsen des Bodens und damit eine gute Verteilung des Humus hervorrufen und um die sehr eiweißreichen und massebringenden Leguminosenwurzeln.

Wiljams sagt in seinem Trawopolna-jasystem ebenfalls: „Um den Boden eine stabile Krümelstruktur zu verleihen ist es notwendig, eine besondere Fruchtfolge einzuleiten unter Berücksichtigung von mehrjährigen Klee,- Gras-Gemischen, die den Boden viel Wurzelrückstände hinterlassen." Weiter eignen sich als Zwischenfrüchte noch Serradella, Sonnenblumen, Mais, Marktstammkohl und Stoppelrüben, denn diese sind frühwuchsig, lassen eine gute Wurzelmasse zurück und haben außerdem den Vorteil, daß sie sehr tiefe Wurzeln besten, wodurch im Boden wasserdurchlässige Röhren entstehen.

Die Versorgung des Bodens mit Humus und Kalk ist die Voraussetzung für die Schaffung einer guten stabilen Krümelstruktur. Diese Krümelstruktur ist deshalb so wichtig, weil nur sie es gestattet, daß Wasser und Luft nebeneinander im Boden lagern können. In den Krümeln wird Wasser festgehaltan und in die Zwischenräume zwischen den Krümeln kann die Luft eindringen. Krümel
können aber nur auf gebaut werden von den Bodenbakterien durch Verkittung von Humus mit mineralischen Substanzen. Nach der Erkenntnis der Wissenschaft erfolgt der Gareaufbau von oben nach unten. Daher ist es nicht gut, die Wendung des Bodens zu tief durchzuführen. Ungare Schollen geraten in die Krume, während gare Schichten in der Tiefe ersticken. Die Pflugsohlenvertiefung darf nur langsam mit zunehmender Gare der Krume vorgenommen werden. Es gibt wohl bestimmte Kulturen, z. B. Kartoffeln, die die zerstörte Gare über, brücken und durch ihren Blattbestand den Garezustand wieder herstellen.

Im engen Zusammenhang mit dem Aufbau der Bodengare steht auch die zweckmäßige Bodenbearbeitung. Wichtig ist z. B. der richtige Feuchtigkeitszustand während der Bearbeitung. Ein zu nasses Pflügen verschmiert die Kohlensäure im Boden und zerstört den gesamten Aufbau. Für die Zwischenfruchtbestellung hat der Schälwühlpflug große Bedeutung, denn er verhindert dazu starkes Austrocknen des Bodens und lockert tief genug für die Pflanzenwurzeln. Deswegen schälen wir gleich mit dem Schälwühlpflug. Notwendig ist es außerdem, die Pflugsohlenverdichtung mit dem Untergrundlockerer zu brechen und anschließend zur biologischen Durchwachsung tiefwurzelnde Kulturen anzubauen. Dieser Verarbeitungsgang hat eine gute Wirkung auf den Phosphorsäurehaushalt des Bodens, denn es werden die im Untergrund lagernden Reserven an Phosphorsäure der Pflanzen zugänglich gemacht und in Form der Wurzelrückstände z. Teil in die Krume umgelegt. Die Phosphorsäure spielt beim Aufbau der Eiweißstoffe, insbesondere der Samen und Fruchtbildung eine große Rolle. Der Phosphorgehalt der Pflanze wirkt sich sehr stark bei der Aufzucht im Viehstall aus. Die Phosphorsäuredüngung muß nach dem Ergebnis der Bodenuntersuchung vorgenommen werden. Hierbei darf das Grünland keineswegs vergessen werden. Die volle Wirkung der Phosphorsäure kann aber erst zur Geltung kommen, wenn alle vorhergenannten Faktoren voll berücksichtigt werden. So wird z. B. ein großer Teil der Phosphorsäure bei Kalkmangel, an Aluminium oder Eisen, gebunden und geht so der Pflanze verloren. Die Voraussetzung für eine gute Wirkung der Phosphorsäure ist also, den Boden in einen guten Kulturzustand zu bringen.

Ein wesentlicher Faktor bei der Steigerung der Hektarerträge ist der Kalizustand im Boden. Der Kali dient vor allem dem Aufbau von Stärke und zuckerhaltigen Substanzen, fördert die Widerstandsfähigkeit gegen Krankheits- und Schädlingsbefall und Auswintern, kräftigt und festigt das Pflanzengewebe.

Die erhöhte Winterfestigkeit des Getreides wird dadurch erreicht, daß die Salzkonzentration des Pflanzensaftes erhöht und damit der Gefrierpunkt nach unten verschoben wird. Der Kalibedarf liegt aber auch sehr verschieden, daher müssen wir uns den Nährstoffspiegel zur Hand nehmen und danach das Kaliverhältnis verändern. Kali ist leicht auswaschbar, besonders auf leichten Böden. daher sind hier größere Gaben an Kali notwendig. Auch hier tritt der Humus als festhaltende Kraft besonders in Aktion. Um die Kalkvorräte zu schonen, ist es notwendig, hochprozentige Kalisalze zu verwenden. Die Kalirohsalze enthalten nämlich für den Boden giftige Bestandteile, die nur durch Kalk gebunden und in den Untergrund entfernt werden können. Die Industrie hat sich die Aufgabe übernommen, uns in dem Kampf um die Steigerung der Hektarerträge zu helfen. Sie baut z. B. schon sehr brauchbare Geräte zur Untergrundlockerung. Diese brauchen nur richtig angewandt werden, dann braucht uns allen nicht bange zu sein um die Festigung des Bündnisses zwischen Arbeiter und werktätigen Bauer und für den Aufbau eines besseres Lebens für ganz Deutschland.

Erwin Puls, 1953
Artikel aktualisiert am 19.04.2023