Die Reddelicher Hufe III

Von Reinhold Griese (Recherche), Familie Schütt (Daten und Dokumente), Ulf Lübs (Text, Layout)

Die ehemalige Hufe III ist vielen Reddelichern als Hof Barten bekannt. Überregionale Bekanntheit erlangte der Hof als Kohlzuchtbetrieb seit den 1920er Jahren. Von dem damaligen Dreiseitenhof steht heute nur noch das Wohnhaus, das in den 1990er Jahren saniert wurde. Der Standort der Scheunen und Ställe ist jetzt mit Eigenheimen bebaut.

Die ehemalige Hufe III in der heutigen Ortslage

1735 war Heinrich Schmadebeck Hauswirt der Hufe III.

1751 wohnte er lt. Beichtkinderverzeichnis im Altenteilkaten. Über seine Familienverhältnisse ließ sich nichts ermitteln. Sein Nachfolger wurde augenscheinlich niemand aus seiner Familie.

1741 wurde Joachim Bull, der mit Lise Junge verheiratet war Hauswirt der Hufe. Aus dieser Ehe sind sechs Kinder hervorgegangen.

1754 übernahm Johann Heinrich Bull die Bauernstelle. Seine Frau hieß Margarethe Schwark. Das Ehepaar hatte fünf Kinder.

1823 wurde Johann Joachim Martin Bull vom Amt als Hauswirt eingesetzt. Er heiratete 1826 Anna Catharina Barten, Dienstmädchen und Tochter des Hauswirtes Joachim Barten aus Bartenshagen. Nach dem Tod ihres Mannes 1847 erhielt sie die Genehmigung, die Wirtschaft bis zur Volljährigkeit ihres Sohnes Johann, zu führen. Im Jahre 1851 starb sie. Da Johann Andreas Bull erst 20 Jahre alt war, konnte er nur mit Hilfe seiner Vormünder Schulze Uplegger und Hauswirt Frahm den Hof betreiben.

1855 informierte Schulze Uplegger die Großherzogliche Kammer darüber, dass Johann Andreas Bull die Führung der Wirtschaft vernachlässigte. Er schlug vor, dass Johann in der Erbfolge übergangen werde, wenn er seine Lebensweise nicht ändere. Hauswirt Frahm setzte sich aber für ihn ein, so dass er 1857 doch als Hauswirt eingesetzt wurde.

1864 verstarb Andreas Bull und hinterließ die 22 jährige Witwe Elisabeth, geb. Paetow und die zweijährige Tochter Frieda. Die Witwe führte die Wirtschaft erst einmal fort.

1867, zur Volkszählung lebten im Bauernhaus:

  • Elisa Bull (geb. 1842) mit Tochter Frida (geb. 1861);
  • Die Knechte Friederich Köht (geb. 1842), Heinrich Papenhagen (geb. 1849); der Dienstjunge Johann Ernst (geb. 1852) und die Hausmädchen Anna Päten (geb. 1851) sowie Maria Böckman (geb. 1850);
  • Der Einlieger Christofer Fett (geb. 1822) mit Ehefrau Sophia (geb. 1823) und den Töchtern Sophia (geb. 1853), Maria (geb. 1859) und Elise (geb. 1864 );
  • Der Einlieger Johann Fett (geb. 1814).

1869 heiratete der Hauswirtssohn Friedrich Dölchow (geb. 1839) aus Satow-Oberhagen die Witwe und übernahm die Hufe als Interimswirt.

1882 erfolgte die Einweisung der Gehöftserbin Frieda Bull in den Hof. Beteiligt waren daran die Vormünder Schmiedemeister Roß und ihr Stiefvater Dölchow.

1887 wurde die Hufe an Frieda Bull vererbpachtet. Das Kanonkapital (Kaufgeld, Erbabstandsgeld) betrug 19.150 Reichsmark, was 1924 auf 4.787,50 Goldmark aufgewertet und ins Grundbuch eingetragen wurde. Frieda Bull war inzwischen mit dem Schulzensohn Heinrich Uplegger verheiratet.

1888 wurde der Bauernhof an den Hauswirtssohn und Ökonomen Peter Barten aus Elmenhorst verkauft. Die Gründe dafür sind nicht aktenkundig geworden. Frieda Bull hat in die Hufe II von Reddelich eingeheiratet und war sicher dort in die Wirtschaft eingebunden.

1891 musste das Gehöft nach einem Großbrand im Dorf neu errichtet werden. Dies geschah als regional typischer Dreiseitenhof der in dieser Art rund 100 Jahre bewirtschaftet wurde.


Bei der Volkszählung 1900 lebten auf dem Hof im Bauernhaus:

  • Der Bauer Peter Barten, (geb. 1860) mit Ehefrau Emma (geb. 1870) und den Kindern Heinrich (geb. 1889), Franz (geb. 1890), Johann (geb. 1893), Ernst (geb. 1894), Otto (geb. 1894) und Marie (geb. 1897).
  • Die Knechte Heinrich Hameister (geb. 1877), Johann Weitendorf (geb. 1881) und Albert Oemigk (geb. 1885) sowie die Dienstmädchen Marie Falkenhagen (geb. 1881) und Sophie Hameister (geb. 1886).

1919 legte Peter Barten in seiner Feldmark eine Obstplantage zur kommerziellen Vermarktung an, die 1979 gerodet wurde.

1920 begann Peter Barten die Hufe auf Kohlanbau umzustellen.

1921 übernahm der Sohn Hans Barten den Hof.

1922 wurde am Jennewitzer Landweg eine Aufbewahrungsscheune für Gemüse gebaut. Diese war als Kohlscheune bekannt und wurde um die Jahrtausendwende abgerissen.

1933 stellte Hans Barten einen Antrag auf Zinserlass für die Schulden von 57.000 RM mit Hinweis auf das Gesetz zum Entschuldungsverfahren vom 1. Juli 1933.

1934 wurde ein Pumpenhaus zur Berieselung der Felder gebaut.

1943 ließ der Bauer zwei Landarbeiterwohnungen und eine Bretterscheune bauen.

1945 lebten Hans Barten mit Ehefrau und Sohn Jochen auf dem Hof. Nach Kriegsende wurden dort einquartiert: Familie Nippert (Paul, Martha, Richard, Kurt, Rudolf, Hilde, Gerhard) aus Schlesien, Familie Nowak (Gustav, Anna, Frieda, Elisabeth, Licie, Helmut) aus Schlesien, Familie Dräger (Hubert, Gerda, Klaus, Manfred, Günter, Jutta) aus Pommern, Familie Worner (Herbert, Mariea, Hannelore, Karla) aus Danzig und Gertrud Algner mit Sohn Manfred. [28]

1949 scheiterten die Bemühungen des Erben Hans Joachim Barten den Hof für 165.000 DM zu verkaufen. Die Deutsche Saatzuchtgesellschaft zeigte Interesse wegen der vorhandenen Kohlscheune. Weiterhin wollte ein holländischer Staatsbürger die Wirtschaft kaufen, was nicht genehmigt wurde.

In den 1950er Jahren floh die Familie Barten nach Westdeutschland. Die Bauernstelle wurde bis 1991 von der LPG GLÜCKLICHE ZUKUNFT und deren Rechtsnachfolgern bewirtschaftet.

1991 nahm die Familie Barten ihre Wirtschaft aus der Genossenschaft, verkaufte den Hof an die Brodhäger Familie Schütt und verpachtete den Acker. Damit wurde der Hof zersiedelt und die Hufe hörte auf zu existieren.

Über das weitere Schicksal der Familie Barten ist wenig bekannt. Sven Barten, ein Mitglied der weit verzweigten Familie, aus Freiburg erinnerte sich:

Mein Opa Franz Barten ist der Bruder von Hans Barten, der den Hof Barten in Reddelich führte. Sie wuchsen gemeinsam in Reddelich auf. Franz ist auch in der Volkszählung von 1900 erwähnt. Er ist 1890 geboren. Er wählte einen anderen Weg als Hans Barten, ging nach Berlin, studierte dort und war anschließend Ingenieur. Er blieb in Berlin, gründete eine Familie und bekam zwei Kinder, meinen Vater Kurt und seinen Bruder Peter, der auf dem Klassenfoto von 1948 in Reddelich gezeigt wird. Opa Franz und seine Familie wurden 1945 in Berlin ausgebombt und gingen wieder zurück zu seinem Bruder Hans nach Reddelich. Sie integrierten sich wohl in die Landwirtschaft. Als die DDR immer mehr Höfe enteignete, um sie den LPGs zuzuordnen und ihnen von der LPG bestimmte Leiter zuzuordnen flüchteten die Bartens über das Meer, meiner Erinnerung nach nach Flensburg. 

Mir ist leider nicht bekannt, wohin Hans Barten dann gegangen ist. Sein Bruder Franz ging mit seiner Familie von Flensburg schließlich nach Freiburg, da er dort Beziehungen hatte. Das erste Mal gemeldet ist Franz Barten in Freiburg 1950. Dort haben wir bis heute unseren Wohnsitz. 

Sven Barten, im Mai 2023


Bildgalerie von der ehemaligen Hufe III
Artikel aktualisiert am 15.05.2023